Empfohlen Schwere Bergtour Über den gesamten Westgrat auf die Gehrenspitze (2.163)

Dieses Thema im Forum "Tourenbeschreibungen" wurde erstellt von Thom, 26. Juni 2023.

  1. Thom

    Thom Mitarbeiter Registrierter Benutzer Intern

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    Isny im Allgäu
    Traumtour über den gesamten, abwechslungsreichen Westgrat der Gehrenspitze. Wilde Kletterstellen, irre Tiefblicke und zumeist (aber nicht immer) zuverlässiger Fels lassen hier kaum noch Wünsche offen. Mit Seil ist deutlich mehr Zeitaufwand einzuplanen.

    Tour-Bewertung:

    [​IMG] ca. 6,5 Std.
    [​IMG] Kondition
    [​IMG] ca. 1.515 Hm / 15,3 km
    [​IMG]Schwierigkeit IV- / T5
    [​IMG] Aussicht
    [​IMG] Empfehlung

    [​IMG]Tourengänger: Franzi, Tobias, Thom

    Da Tobias in den letzten Jahren sich immer wieder einmal gerne alleine auf die „Socken“ gemacht hat, um alpine Kletterrouten im oberen III. – IV. Schwierigkeitsgrad zu solieren – Beispiele wären hierfür Kletterführen am Aggenstein, der Parzinnspitze bzw. Parzinnturm, Muttekopf-Nordostgrat oder den erst kürzlich absolvierten Felsgraten am Säuling oder der Kellenspitze – wollten Franzi und ich uns auch einmal über so eine Kletterroute "ziehen" lassen. Den Gehrenspitz-Westgrat hatten Tobias und ich schon längere Jahre im Auge. Mit Seil schreckten aber die 20 Seillängen mehr ab als das sie begeisterten und eine seilfreie Begehung ist natürlich eine knackig, anspruchsvolle Geschichte und birgt doch einige Risiken. Da ich zudem bis jetzt eher selten einmal eine solche Gratüberschreitung in Angriff genommen habe, fehlt mir hier gegenüber Tobias doch auch einiges an Erfahrung, was mich die letzten Jahre immer zögern lies. Doch dieses Mal fühlte sich bei der Tourenplanung alles richtig und gut an … und ich darf schon vor weg ohne Übertreibung sagen: eine der herrlichsten Bergunternehmung der letzten Jahre! Danke nochmals Tobi fürs Führen!

    Dass die Schwierigkeiten bei solchen Unternehmungen (etwas Reserven können nicht schaden) zwingend beherrscht werden müssen und nur sehr erfahren Aspiranten sich an eine solche Tour wagen sollten, dürfte hinlänglich bekannt sein – sei aber dennoch nochmals erwähnt. Ansonsten besser das Seil mitnehmen, mehr Zeit einplanen und trotzdem einen herrlichen Bergtag in den Tannheimer Bergen genießen.

    Als Ausgangspunkt wählen wir die kleine Ortschaft Wängle bei Reutte in Tirol.

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    Von den Parkplätzen am Gemeindeamt in Wängle geht es in knapp 2 Std hinauf ins Gehrenjoch (Bildmitte Hintergrund). Hierzu folgt man immer den Beschilderungen Richtung Gehrenalpe bzw. Gehrenspitze.

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    Vom Gehrenjoch steigen wir dann noch wenige Meter Richtung Sabachjoch ab, ...

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    ... um schon bald weglos (T4-5) hinüber zum unteren Westgrat der Gehrenspittze zu queren. Hierbei umwandern wir eine erste Felsrippe knapp unterhalb der Abbrüche auf gute Tritten. Beim Übergang zur nächsten Geländerippe orientieren wir uns an eine auffallende Ansammlung von Totholz (einstige Latschen) auf der nächsten Geländerippe - hier treten wir ins nächste kleine Kar über und steigen einige Meter hinauf zur markanten Einstiegsrinne des Westgrates.

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    Ankunft unterhalb der markanten Einstiegsrinne. Unten I-II und noch recht brüchig, oben raus wird es dann für unser dafürhalten ein waschechter IIIer, zudem ist auch hier der Fels nicht bombenfest.

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    Ausstieg aus dem Einstiegskamin (III) - der abwärtsgeschichtete und teils etwas brüchige Fels verlangt ein sensibles Händchen und Füßchen. Gute warm-up Passage, über welche man ungern wieder abstiegen würde.

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    Danach geht es einige Meter steil hinauf (III-) zur Gratkante und im Anschluss oft direkt an der zumeist festen Gratkante hinauf in Richtung 1. Gratturm (II-III).

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    Anstieg zum markanten 1. Gratturm (bis III). Der Fels ist oft gut, muss aber dennoch stets überprüft werden, da das sehr exponierte Gelände im freien Stil keinen Fehler zulässt.

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    Von oben gesehen wirkt der Grat um einiges grüner als aus der anderen Blickrichtung, weshalb wir auch am heutigen Tag die Trailschuhe den Kletterschuhen vorgezogen haben.

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    Rückblick auf Sabachjoch links - daneben der Kelleschrofen, welcher an diesem Tag schon zur frühen Tageszeit einen Besucher am Gipfel verzeichnen konnten, rechts dahinter die Kellenspitze.

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    Die letzten Meter auf den Gratturm mit Wandbuch sparen wir uns an diesem Tag, da wir zum einen kein Seil für die 25 Meter Abseilstelle im Gepäck hatten und der Fels auf der anderen Seite brüchig und splittrig wirkt. Daher queren wir auf der Nordseite unterhalb des Turmes (bis II/T5) hindurch zur nächsten Gratscharte und steigen auf brösligen Tritten direkt unter die Schlüsselstelle der Gratüberschreitung.

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    Eine seichte, leicht überhängende Verschneidung (IV-) mit zumeist abwärtsgeschichtetem Fels, welche volle Konzentration und gutes Antreten verlangt. Der Fels ist allerdings nicht überall fest. Obacht!

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    Nach der Schlüsselstelle bleiben die Anforderungen weiterhin hoch - es geht kurz etwas leichter (II+) direkt am Grat hinauf, um schließlich wieder in einen teils brüchigen, etwas abdrängenden Kamin (III) auf die wieder feste Gratschneide zu klettern.

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    Nach einigen leichteren Metern entlang der schönen Gratschneide (II und I) steigen wir dann nach links dem markanten, schmalen Kamin weiter oben entgegen.

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    Aufgrund der Enge des Kamins entscheiden wir uns diesen in seiner linken, blockigen Begrenzungswand zu überwinden. In sehr kräftigen, weiten Zügen geht es an nicht immer bestem Fels empor (IV-). Vom Kraftaufwand her nochmal ein Ticken härter als die untere Schlüsselstelle, allerdings auch etwas kürzer und übersichtlicher.

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    Und weiter über den zumeist herrlich festen Kalkgrat (II). Mit zunehmender Höhe wird die Ausgesetztheit am Grat spürbar größer, die Kletterei wirkt dabei fast entspannend und meditativ. Selten so einen Hochgenuss in den Bergen erlebt wie an diesem Tag!

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    Um die nächste Gratlücke zu erlangen, muss ein kleiner kecker Felsbrocken rechterhand luftig umklettert werden (II-III), danach geht es über gutgriffiges Risssystem und perfekten Kalkfels nach oben (bis III). Anschließend über fast waagerechtes Gratgelände, welches kaum bis keine Schwierigkeiten aufweist. Von einer grasige Gratkuppe dann auf Trittspuren hinab, links um einen Kalkturm herum ...

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    ... um schließlich den nächsten, senkrechten Gratturm (III+) direkt an seiner zumeist festen Kante zu erklettern. Eine der schönsten und spektakulärsten Abschnitte dieser wunderbaren Gratüberschreitung.

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    Nach Überkletterung des mächtigen Gratturmes folgt ein etwa 150 Meter langes Gehstück, welche einfach zu absolvieren ist. Im Hintergrund thronen West- & Hauptgipfel der Gehrenspitze, rechts dahinter die Kleinen Gehrenspitze.

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    Rechts neben einer tiefen Schlucht steigen wir wieder am steilen Felsgrat ein (erst II, dann wieder III).

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    Der Fels ist noch zumeist gut, jedoch sollte ab hier auch jeglicher Steinschlag zwingend vermieden werden, weil sich ab diesem Zeitpunkt die Route des Normalweges auf die Gehrenspitze direkt unter uns befindet.

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    Einstieg Reitergrat - nochmals eine schöne, luftige Passagen (II-III).

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    Vom Reitergrat kurz abklettern und über schmale Verbindungsbrücke wieder heran ans Massiv des Westgipfels (III). Danach folgt ein letzter steiler und recht brüchiger, langer Aufschwung (bis III), leider haben hiervon kein Foto gemacht. Der Fels ist aber mit Vorsicht zu genießen.

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    Am Westgipfel der Gehrenspitze. Von hier geht es über brüchigen Fels hinab in die Scharten vor dem Hauptgipfel (bis II). Den kurzen Abstecher hinauf zum Gehrenspitz-Hauptgipfel nehmen wir natürlich noch mit.

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    Am Gipfel der Gehrenspitze. Über den Normalweg geht dann rasch hinunter zur Gehrenalpe und nach kleiner Einkehr weiter hinab zurück nach Wängle.
     
    Zuletzt bearbeitet: 6. Juli 2023
    Tobias gefällt das.
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