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Mittelschwere Bergtour Das Durreck (3135m)

Dieses Thema im Forum "Tourenbeschreibungen unserer Mitglieder" wurde erstellt von Hoefatssuechtig, 16. Dezember 2011.

  1. Hoefatssuechtig

    Hoefatssuechtig Registrierter Benutzer

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    Das Durreck (3135m) ist der höchste Berg der gleichnamigen, einsamen Durreckgruppe, die sich ganz im nördlichsten Gebiet Südtirols befindet. Die Durreckgruppe wird in keinem AV-Führer näher beschrieben und ist somit noch wahres "Entdeckerland".

    Zur Einordnung der Durreckgruppe: Im Westen befindet sich der Speikboden, im Norden die Hauptkette der Zillertaler Alpen, im Süden die Rieserfernergruppe und im Osten die Venedigergruppe. Die relativ kleine und abgeschiedene Durreckgruppe wird im Süden vom Reintal und im Norden und Westen vom Ahrntal abgegrenzt. Im Osten bildet die sogenannte Weiße Wand die Grenze, ein 2452m hoch gelegener Übergang, der das Knuttental, die nordöstliche Fortführung des Reintals, mit dem Hasental, einem hinteren Seitental zum Ahrntal, verbindet.

    Die Durreckgruppe besteht nur aus einem zusammenhängenden Bergkamm, der sich über 16km erstreckt und dabei drei Gipfel über 3000m bildet. Es gibt bis auf das Durreckkees, einer kleinen, immer weiter schwindenden Eisfläche in der Nordwand des Durreck, keinen Gletscher.

    Auch befinden sich in diesem Gebiet keine Hütten mit Übernachtungsmöglichkeiten, wenn man vom Bergdorf Ahornach im Südwesten absieht, und auch nur wenige Möglichkeiten zur Einkehr, d.h. man sollte ausreichend Verpflegung mitnehmen. Dafür wird man mit einer unglaublichen Stille und teilweise sehr ungewöhnlichen Abgeschiedenheit belohnt, wenn man die wenigen markierten Pfade verlässt und sich einen der folgenden einsamen Berge vornimmt.

    Die Durreckgruppe umfasst insgesamt nur 5 Gipfel, von Westen nach Osten sind dies: der Große Moosstock (3059m, Schwierigkeitsgrad I), der der am häufigsten bestiegene Berg und auch markiert ist; das Durreck (3135m, stellenweise Schwierigkeitsgrad II), das der schwierigste Berg ist, der meist nur von Einheimischen und wenn, dann nicht häufig, bestiegen wird; der Hirbernock (3010m, Schwierigkeitsgrad I), der kaum besucht wird und auch weder Gipfelkreuz noch -buch besitzt; der Katzenkofel (2920m, Schwierigkeitsgrad I), ein völlig vergessener und sehr stiller Doppelgipfel; und das Schwarzerspitz (2862m, Schwierigkeitsgrad I).


    Man erreicht die Durreckgruppe, indem man bei Franzensfeste in das Pustertal abbiegt, dann diesem bis Bruneck folgt und dort nach Norden ins Tauferer Tal bis Sand in Taufers fährt. Hier kann man entweder rechts ins Reintal oder links ins Ahrntal gelangen.


    Was die alpine Literatur anbetrifft, so kommen für die "weltvergessene" Durreckgruppe (Zitat der berühmten Erschließerin abgeschiedener Gebiete in den Hohen und Niederen Tauern, Liselotte Buchenauer) nur drei Werke, die allesamt vergriffen sind, in Betracht: zum einen die immer noch brauchbare Beschreibung von Hermann Schwarzweber, die 1910 in der Zeitschrift des deutschen und österreichen Alpenvereins erschienen ist; zum anderen der glänzende Alpinführer über das Tauferer Ahrntal von Werner Beikircher und Karl Hellweger aus dem Jahr 1981, erschienen im Athesia Verlag; sowie die prächtig bebilderten Bergtouren im Pustertal von Fabio Cammelli aus dem Jahr 1995, ebenfalls erschienen im Athesia Verlag.


    Nun zum markanten Durreck (3135m):

    Es gibt keinen markierten Weg auf das Durreck, nur vereinzelte Steinmänner und spärliche Trittspuren. Der Normalweg verläuft von Rein in Taufers aus und führt in 4 bis 5 Stunden mühsam über 1400m Höhenmeter, wobei einzelne Stellen den Schwierigkeitsgrad II verlangen, zum Gipfel, der seit 2005 ein stattliches Holzkreuz besitzt. Somit stellt das Durreck durchaus große Anforderungen an die Kondition und vor allem an die geschickte Routenfindung. Daher ist die Begleitung eines Ortskundigen sehr ratsam.

    Das unten stehende Bild zeigt den ungefähren Routenverlauf: man verlässt Rein in Taufers bei der Pizzeria Florian und folgt einem breiten Forstweg, bis man links auf mehrere markante, alte Heuschupfen trifft, dort biegt man nach rechts und erreicht nach kurzer Zeit die Mittermayeralm (1990m). Man kann von hier aus ansteigen und sich in wegloses Terrain begeben oder man folgt dem Forstweg noch ein Stück bis zur Moosmairalm (2070m) und wendet sich dort nach links in das einsame Kar zwischen Großen Moosstock (linker Berg) und Durreck (Berg in der Mitte).

    Durreck Routenfuehrung.jpg


    Man steigt in das oben erwähnte Kar und gewinnt über mäßig steile Grasflanken langsam an Höhe. Auf etwa 2300m bietet sich einem dann folgender Anblick:

    Durreck Aufstieg02.jpg


    Das Durreck ist der höchste Gipfel in der Bildmitte. Man orientiert sich an der Schneeflanke und hält sich dann möglichst weit rechts, bis man auf einen mäßig steilen Moränenhang trifft, dem man bis zu einer auffälligen Schuttrinne folgt.

    Durreck Aufstieg01.jpg



    Falls man die Aufstiegsvariante von der Moosmairalm wählt, kommt man an einem markanten "Felsentor" vorbei (siehe unten).

    Durreck Felsentor.jpg



    Über die relativ steile und sehr brüchige Schuttrinne (siehe unten) erreicht man rechts den Sattel des Südostgrates (dem weiteren Normalweg). Hier ist erhöhte Vorsicht und sehr behutsames Gehen gefragt.

    Durreck Aufstieg05.jpg


    Auf dem Sattel angekommen, bietet sich bereits ein prächtiger Blick auf den Großen Moosstock (3059m):

    Durreck Auf dem Sattel.jpg


    Vom Sattel aus ist dann der weitere Weg klar einsehbar. Auf der breiten Schulter steigt man über loses Geröll und schrofiges Gelände, bis es weiter oben relativ brüchige Platten werden, die man teilweise im Schwierigkeitsgrad II überwinden muss.

    Durreck Aufstieg03.jpg


    Kurz vor dem Gipfel wird es dann richtig steil und die brüchigen Platten verlangen vorsichtige Handhabung:

    Durreck Aufstieg04.jpg


    Am besten hält man sich weit rechts, möglichst nah am Grat, damit man nicht zu weit in die jähen Südwände gerät. Das untere Bild zeigt den kleinen, aber nicht ausgesetzten Gipfel:

    Durreck Auf dem Gipfel.jpg



    Das Gipfelpanorama "erschlägt" einen auf 3135m wirklich. Im Norden die gesamte Hauptkette der Zillertaler Alpen, im Westen die vergletscherten Gipfel der Venedigergruppe und im Süden der markante Hochgall (3435m) in der Rieserfernergruppe. Man möchte sofort alles in sich aufnehmen und immer mit sich herumtragen. Das macht eben das Durreck zu einem wunderschönen Aussichtsgipfel mit bestechenden Weitblicken.



    Durreck Zillertaler01.jpg
    Links von Wolken umhüllt sind der Hochfeiler und der Große Möseler zu erkennen, dann folgt der Turnerkamp, die fünf Hornspitzen, der Schwarzenstein und rechts das Schwarzensteinkees, alles beeindruckende Gipfel der Zillertaler Alpen.


    Durreck Zillertaler02.jpg
    Atemberaubende Zillertaler: Links der Schwarzenstein, dann folgen die Floitenspitze und daneben der schwierige Große Löffler. Rechts ist noch die Keilbachspitze zu erkennen.


    Durreck Zillertaler03.jpg
    Weitere Zillertaler: Links wieder die Keilbachspitze neben dem massigen Gipfelaufbau der Wollbachspitze.


    Durreck Unbekannter Berg 3056m.jpg
    Im Hintergrund erkennt man die östlichen Zillertaler Alpen mit dem markanten Rauchkofel. Im Vordergrund in der Mitte befindet sich jedoch eine absolute Ausnahmeerscheinung in den Alpen. Vom Durreck Richtung Osten erkennt man einen Berg, der durch die Wolken ganz im Schatten liegt. Dieser Berg besitzt keinen Namen, kein Kreuz, kein Buch, kein Weg, kurzum er ist trotz seiner Höhe von 3056m schlichtweg unbekannt, eine außergewöhnliche Sache, denn auch nach Gesprächen mit Sennern und Almbauern konnte mir niemand etwas über diesen namenlosen Berg sagen. Wer hätte gedacht, dass es soetwas noch in den teilweise übererschlossenen Alpen gibt? Ich freue mich bereits jetzt auf eine "Expedition" dorthin. Rechts ist der einsame Hirbernock mit der Gamskarschneid davor zu erkennen.



    Durreck Blick Richtung Nordosten.jpg
    Blick vom Durreck Richtung Osten auf die vergletscherte Rötspitze in der westlichen Venedigergruppe. Im Vordergrund links der Hirbernock, unten das Knuttental.


    Durreck Blick Richtung Hochgall.jpg
    Blick vom Durreck Richtung Hochgall, dem markantesten Gipfel der Rieserfernergruppe.


    Durreck Blick Richtung Mostnock.jpg
    Blick vom Durreck auf den Großen Moosstock (rechts) und auf den einsamen, westlichen Teil der Rieserfernergruppe (links).


    Durreck Blick Richtung Sueden.jpg
    Blick vom Durreck Richtung Westen auf das Speikbodengebiet. Rechts sind der Klaussee und links das einsame Pojental zu erkennen.


    Durreck Durreckkees.jpg
    Blick vom Gipfel des Durreck in die Nordwand, wo sich das kleine Durreckkees befindet.


    Durreck Blick zurueck.jpg
    Blick vom Gipfel zurück auf den Normalweg. Ganz links vorne erkennt man den breiten Sattel, zu dem die brüchige Schuttrinne führt. Ganz unten befindet sich der oben erwähnte Forstweg mit der Mittermayralm.


    Beste Berggrüße,

    Christian aus Moormerland
     
    Zuletzt bearbeitet: 4. Mai 2015
  2. Hoefatssuechtig

    Hoefatssuechtig Registrierter Benutzer

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    Weitere Routenskizze und Gipfel im Nebel

    Zur besseren Orientierung füge ich noch eine Routenskizze ein, die den Aufstieg vom Gipfel des benachbarten Großen Moosstocks (3059m) zeigt:
    Durreck Routenfuehrung vom Moosstock.jpg
    Man erkennt deutlich die Steilheit und Brüchigkeit der bereits oben erwähnten Schuttrinne, die das wohl heikelste Stück darstellt. Befindet man sich dann auf dem Sattel (in der Bildmitte), ist der weitere, nicht markierte Weg durch den Gratverlauf eindeutig vorgegeben.



    Letzten Sommer erwischte ich leider einen Nebeltag, der aber trotz der sehr eingeschränkten Sichtweite vom Gipfel des Durreck so manch geisterhafte Stimmung bot:
    Durreck Nebelstimmung.jpg Aus dem Nebelmeer des 3135m hohen Durreck ragt rechts der oben erwähnte namenlose und völlig unbekannte Gipfel.




    Durreck Nebelstimmung2.jpg
    Die Sichtweite lag leider oft nur bei wenigen Meter, sodass der Blick über den Gipfel des Durreck etwas geisterhaft wirkt.



    Die wenigen Momente, in denen sich der Nebelschleier zögerlich lüftete, ließen leider nur wenige photographische Möglichkeiten zu. Im unten Bild erkennt man in der linken Bildmitte den vorhin erwähnten Sattel, zu dem die brüchige Schuttrinne führt und von dem aus der weitere Wegverlauf klar vorgegeben ist.
    Durreck Nebelstimmung3.jpg




    Hätte ich eine Stunde länger auf dem Gipfel des Durreck ausgeharrt, hätte ich noch die Auflösung des Nebels mitverfolgen können. Aber das Wetter kann man eben im Hochgebirge keinesfalls vorhersagen, sodass mir wieder weiter unten - Ironie des Bergsteigens - ein paar Ziegen den Normalweg zum Durreck zeigten und zwar von ihrer besten Seite.
    Durreck Nebelstimmung4.jpg


    Beste Berggrüße,

    Christian aus Buchloe
     
  3. Hoefatssuechtig

    Hoefatssuechtig Registrierter Benutzer

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    Historische Karten von der Durreckgruppe

    Das Durreck (3135m) ist der Berg meiner Jugend und nach wie vor "Entdeckerland", diese Aussage von vor dreieinhalb Jahren trifft immer noch zu. Hier konnte ich und kann man auch heute noch ausreichend Entdeckertouren unternehmen, die den Charakter einer Erstbegehung haben. Selbst die vor langer Zeit erstellten historischen Karten von 1882 und 1910 ändern daran nichts.

    Durreckgruppe Karte 1910p.jpg
    Übersichtsplan über die Durreckgruppe aus dem Jahr 1910.



    Durreckgruppe Karte Ausschnitt 1882p.jpg
    Aussicht der Karte über die Zillertaler Alpen aus dem Jahr 1882. Die beiden damals aufgezeichneten Gletscher, das Klausenkees und das Durreckkees, existieren schon lange nicht mehr. Wer diesen Kartenausschnitt hochauflösend betrachten sowie mehr über Entdeckertouren in dieser einsamen Gebirgsgruppe in den westlichen Hohen Tauern erfahren möchte, möge sich an mich wenden (die Forumsseite beschränkt den Umfang der Anhänge).

    Grüße, Christian aus Moormerland
     
  4. Hoefatssuechtig

    Hoefatssuechtig Registrierter Benutzer

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    Historische Ansichtskarten von der Durreckgruppe

    Meines Wissens nach erschienen von der Durreckgruppe nur drei historische Ansichtskarten. Ihre Einsamkeit bleibt bis heute das wesentliche Element.

    Durreckgruppe 1911 mit Kasseler Huettep.jpg
    Die alte Kassler Hütte mit der Durreckgruppe im Hintergrund im Jahr 1911, von links nach rechts: Großer Moosstock, Durreck und Hirbernock.



    Durreckgruppe um 1910 von Schwarzensteinhuette ausp.jpg
    Die Durreckgruppe von der alten Schwarzensteinhütte aus gesehen, um das Jahr 1910 (siehe Mitte links: Durreck und Großer Moosstock).



    Durreckgruppe um 1920p.jpg
    Die Durreckgruppe von Rein in Taufers aus gesehen, um das Jahr 1920 (von links nach rechts: Großer Moosstock, Durreck und Hirbernock).

    Grüße, Christian aus Moormerland