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Gustav Schulze: Abenteuerliche Höfats-Überschreitung im August 1900

Dieses Thema im Forum "Tourenbeschreibungen unserer Mitglieder" wurde erstellt von Hoefatssuechtig, 30. April 2012.

  1. Hoefatssuechtig

    Hoefatssuechtig Registrierter Benutzer

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    Im Rahmen meiner alpinhistorischen Artikel möchte ich auf eine heutzutage völlig vergessene Person aufmerksam machen: Gustav Schulze (1881 - 1965).

    Ich werde hier erstmals eine seiner Schriften publizieren, es handelt sich dabei um einen interessanten Bericht, der eine wahrlich abenteuerliche Höfats-Überschreitung zum Thema hat. Zusammen mit seinem Bruder Adolf Schulze (1880 - 1971) und einem weiteren, nicht näher genannten Freund W. unternahm er im August 1900 im Alter von nur 19 Jahren an nur einem Tag eine der unglaublichsten Grattouren im Höfatsmassiv, die sich wie folgt aufgliedern lässt:

    1. Seilhenker über direkten Aufstieg vom Oberloch
    2. Überschreitung des Seilhenkers
    3. Kleine Höfats über den Nordostgrat
    4. Direkter Westgrat der Kleinen Höfats im Abstieg (oben IV. Schwierigkeitsgrad)
    5. Nordostgrat der Höfats vom Schärtele aus zum Zweiten Gipfel der Höfats
    6. Höfats-Überschreitung
    7. Abstieg über Südostgrat der Höfats

    Dieser packende Bericht ist derart selten und unbekannt, dass selbst die Suche bei der größten Suchmaschine keinen einzigen (!) Treffer erzielte. Gustav Schulze veröffentlichte ihn im Jahresbericht der Sektion Leipzig des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins für 1901 (Veröffentlichungen No. 18), Leipzig 1902, Selbstverlag der Sektion Leipzig. Nur durch reinen Zufall bin ich übrigens auf diese Rarität gestoßen. Viel Spaß nun mit dieser zuweilen fast schwindelerregenden Beschreibung.


    Gustav Schulze Seite03paint.jpg

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    Nach diesen aufregenden Worten möchte ich noch ein paar biographische Daten über Gustav Schulze hinzufügen, die sich übrigens nur sehr schwer auffinden ließen, da er nahezu vergessen ist. Er wurde im Jahr 1881 in Orizaba im Bundesstaat Veracruz in Mexiko geboren. Sein Vater hieß Adolf Julius Schulze, ein bayerischer Kaufmann, der bereits 1860 nach Mexiko ausgewandert war. Im Jahr 1884 siedelte die Familie Schulze (die Mutter hieß Maria Ziehl) in das Allgäu über. Hier unternahm Gustav Schulze bereits in seinen Jugendjahren schwierige Grasklettereien, interessierte sich aber vor allem für die Geologie und Beschaffenheit der Allgäuer Alpen, über die 1905 er im Alter von nur 24 Jahren mit folgendem Thema promovierte: "Die geologischen Verhältnisse des Allgäuer Hauptkammes von der Rotgundspitze bis zum Kreuzeck und der nördlich ausstrahlenden Seitenäste", eine leider unauffindbare Arbeit, die in den Geognostischen Jahresheften, Jahrgang 18, 1905 veröffentlicht wurde. Die unten stehende Abbildung zeigt ein Profil daraus:
    Gustav Schulze - Geologisches Profil paint.jpg



    Insgesamt war er zwischen 1899 und 1905 bergsteigerisch und als geologisch Interessierter aktiv (so war er 1904 und 1905 als aktives Mitglied des Akademischen Alpenvereins in München tätig und pflegte einen regen Kontakt mit Ernst Enzensperger, dem Bruder des berühmten, allzu verstorbenen Josef Enzensperger, dem Höfats-Erschließer schlechthin) und konnte auch drei Erstbegehungen in den Allgäuer Alpen vorweisen. So beging er zusammen mit seinem Bruder Adolf Schulze und mit H. Wein (vielleicht der oben erwähnte Freund W. ?) am 29. Juli 1900 einen direkten Gratübergang vom östlichen zum westlichen Berg der guten Hoffnung. Dieselben drei Bergsteiger fanden bereits am 5. September 1899 eine neue Route durch die Südwand der Trettachspitze, indem sie die schwierige Einstiegswand umgingen. Eine weitere neue Route durch jene Südwand erfolgte am 13. August 1900. Bereits am gleichen Tag (!) führten die drei die zweite Besteigung der Westwand der Trettachspitze durch.

    Nach Beendigung seiner Promotion im Jahr 1905 verließ Gustav Schulze ein Jahr später das Allgäu und ging 1906 nach Spanien, wo er bis 1908 umfangreiche geologische Forschungen anfertigte und dabei ein 475 Seiten starkes Manuskript mit zahllosen Zeichnungen, Skizzen und Profilen verfasste. Doch leider wurde diese Arbeit nicht als Habilitationsschrift anerkannt. Immer wieder, insgesamt 46 Jahre (!) lang bis 1954, versuchte Gustav Schulze seine Studien zu publizieren, doch es gelang ihm nicht, was ihn Zeit seines Lebens verbitterte. Er zog sich später in seine Heimat Mexiko zurück.

    Das unten stehende Photo zeigt ihn im Jahr 1906, aufgenommen auf einer Londonreise.

    Gustav Schulz Photo von 1906 paint.jpg



    In memoriam Gustav Schulze füge ich noch seine beiden einzigen, bekannten Photographien hinzu:
    Gustav Schulze - Hoefats-Westgipfel 1904 paint.jpg
    Das oben stehende Photo zeigt den Westgipfel der Höfats im Jahr 1904.



    Das unten stehende Photo zeigt das Höfatsmassiv von Norden im Jahr 1904.
    Gustav Schulze - Hoefatsgruppe von Norden 1904 paint.jpg

    Grüße, Christian aus Buchloe
     

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  2. Jens

    Jens Registrierter Benutzer

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    AW: Gustav Schulze: Abenteuerliche Höfats-Überschreitung im August 1900

    :thumbsup:-Bericht !