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Schwere Bergtour Häselgehrberg (2.206m) - von Köglen über die Südflanke

Dieses Thema im Forum "Tourenbeschreibungen" wurde erstellt von Tobias, 25. April 2010.

  1. Tobias

    Tobias Mitarbeiter Registrierter Benutzer Intern

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    Isny-Maierhöfen/Reutlingen
    Pfeiler Südflanke - kaum begangen, weglos und sehr steil, anspruchsvoll sowie spannend. Darüber hinaus bietet der Häselgehrberg eine einmalige Ansicht des Allgäuer Hauptkammes ...

    [​IMG] Gehzeit: ca. 6 Std.
    [​IMG] Kondition
    [​IMG] ca. 1200 Hm
    [​IMG] Schwierigkeit I+ (teils Schnee am Ostgrat)
    [​IMG] Aussicht
    [​IMG] Empfehlung

    [​IMG] Tourengänger: Thom, Tobi

    "Wär' irgendwie lässig, wenn wir noch einen Einheimischen träfen, der uns was zu diesem Berg erzählen könnte." Am ersten anspruchsvollen, noch immer praktisch unbekannten Wunsch-Gipfelziel für "Sommer" 2010 wurde der schon lange vor der Begehung von uns beiden gehegte Gedanke logischerweise wiederbelebt und sollte im Abstieg prompt hinhaun. Wirklich gute Informationen zum Häselgehr- oder Heuberg, dessen Gipfel außerdem als "Pfeiler" bekannt ist - nein besser: bezeichnet wird, gibt es erst seit einigen Jahren, nachdem sich eine Hand voll Bergsteiger die wohl vergnügliche Mühe gemacht hatten, verschiedene sinnvolle Routen auszutesten. Die im AVF vorgeschlagene Führe via Südostrücken über ehemalige Heuersteiglein ist veraltet und existiert wohl nicht mehr; es locken jedoch einige Alternativen, welche allerdings seltenst abgerufen werden: ganze acht Einträge 2009 im Gipfelbuch belegen das eindrucksvoll. Unsere Wahl fiel auf die kaum je begangene Südflanke direkt zum Gipfel, der Abstieg erfolgt dann auf dem zuletzt nicht minder anspruchsvollen Normalweg über den Ostgrat.

    Route: Köglen - Südflanke - Pfeiler - Ostgrat - Köglen

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    Sonnenaufgang.

    Ein früher Aufbruch lohnt, da man so die anstrengenden weglosen 500 Hm in teils sehr steilem Gras nicht in der prallen Sonne zurücklegen muss.

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    Der Beginn des Geierwally-Weges.

    Elbigenalp oder Köglen sind die beiden besten Ausgangspunkte zum Erreichen der Südanstiege. Von Köglen (Start direkt an der Hauptstraße) auf breitem Schotterweg an einem Steinwall zur Linken vorbei, bei der nach wenigen Metern erreichten Verzweigung dann rechts. Nach wenigen hundert Metern auf den Geierwally-Wanderweg nach links, der nach einigen Minuten durch Wald einen großen, das Scheidbachtal querenden Forstweg erreicht. (Dieser ist auch von Elbigenalp auf dem Weg zur Hermann von Barth-Hütte anzusteuern.) Nun der Piste nach rechts in weiten Schleifen folgen, bis diese auf ca. 1700m in den Mähdern unterhalb des Pfeilers endet. Geheimtipp: Rad mitnehmen! Egal, ob man nun rauffährt oder schiebt - glaubt`s mir -, beim Rückweg ist man immer angenehm erfreut. Immerhin könnte man 700Hm runterdonnern. Könnte. Wir hatten keine Räder, ist aber auch net schlimm, das geht schon.

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    Angekommen auf der Schotterpiste. Hier der Blick ins Scheidbachkar.

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    Das Ende der Straße auf ca. 1700m.

    Der breite Weg ist notwendig, um die für Gemeinden und Straßen so überlebenswichtigen Lawinenverbauungen in Stand zu halten und dem dazu benötigten schweren Gerät den Zugang zu ermöglichen. Nach dem Abstieg über den Ostgrat und durch Lawinenverbauungen hindurch gelangt man wieder zu ebendiesem Punkt.

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    Erste instruktive Ansicht des Pfeilers.

    Steile, schräg aufgerichtete Plattenlagen aus Fleckenmergel ermöglichen einen dicken Bewuchs mit Graspleisen, welche das der Hornbachkette südlich vorgelagerte Pendant zur Rotwand gemeinsam mit seiner günstigen Südausrichtung und der beeindruckenden Neigung zu einem Ausnahmeziel machen und für frühe Begehungen durch individualistische Grasbergsteiger (manchmal ab Mitte April) - vom nicht vorhandenen Betrieb ganz zu schweigen - geradezu prädestinieren.

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    Gelb: Der Südanstieg; Grün: Abstieg Ostgrat; Lila: Alternativ-Abstieg durch die Lawinenverbauungen direkt nach dem Felsteil des O-Grats.

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    Nahansicht von der Piste.

    Nun gilt es, in Richtung Lawinenschutz weglos, trittarm und dadurch auch recht mühsam anzusteigen, um dann den Hang unterhalb der grauen Felsen des Gipfelaufbaus nach links zum Steilgras der letzten 100-150 Meter zu traversieren.

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    Eisenharte Männergespräche vor großer Kulisse.

    [​IMG]"Steinhaufen" im unteren Grasanstieg.

    Jeder Schochen Heu wie auch jeder Meter Weidefläche wurden den Bergmähdern einst mühsam abgerungen: namengebend "Heuberg", und von den immer wieder nachstürzenden Steinbrocken befreit - diese Aufhäufungen dienten gleichzeitig als Grundmarkierungen, oder anders gesagt: als etwas aufwändigere Termen. Heutzutage ist die intensive Nutzung solch schwierig zu bewirtschaftender Mähder auch noch anzutreffen - wenn man auf diesen Ertrag eben weiterhin angewiesen ist -, oft allerdings "nur noch" reiner (manchmal auch subventionierter) Idealismus.

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    Aufstieg in der unteren Flanke.

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    Sonne tanken.

    Das Gelände wird steiler ...

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    Querung.

    Über Schneereste und Bruchmaterial erreichen wir die Schlussetappe.

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    Ganz links die um nur wenige Meter höhere Rotwand.

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    Danke Hermann (www.mountaingoat58.net[/URL]), für diese sommerliche Aufnahme des Häselgehrberges von der Rotwand. Ein bissel Grün ist bei einer Grastour ja nie verkehrt... Hier besonders schön zu sehen: der markante Steilabbruch des Luxnacher Sattels.

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    In der steilen Südflanke.

    Das Gelände präsentiert sich nun gut gestuft, wird jetzt aber nochmals deutlich steiler (ca. 45°) - der Schlussanstieg beginnt. Fast direkt an der Felskante kann der erfahrene Steiger herrliche Grastreterei genießen, die im sich etwas aufwölbenden, schrofigen Mittelteil kurzzeitig 55° erreicht. Die Felsanteile sind meist erstaunlich fest im Boden verankert, was den Händen gute Stützen bietet. Die ganze Passage kann auch einige Meter weiter links durch eine Rampe zwischen den Schrofenzügen "clean" im Gras erstiegen werden. So oder so richtig cool ist der Duft von trockenem Heu, noch dazu in solch einer Ungebung!

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    Unterhalb des schrofigen Abschnitts.

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    Topo aus den Schrofen.

    Die Tritte werden mitunter erdig, bleiben aber durchaus ausreichend.

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    In den Schrofen.

    Die letzten sehr steilen Meter werden überwunden, ...

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    Blick über den Grat Richtung Luxnacher-Sattel vor Traumkulisse.

    ... dann lehnt sich der Hang zurück und leitet fast direkt auf den Gipfel. Zudem offenbart sich nun eine großartige Ansicht - besonders der nahen Hornbachkette, mit welcher der Häselgehrberg durch einen langen Kamm, vom Luxnacher Sattel jäh unterbrochen und außerdem vom Enzensperger Weg überschritten, anschließt. Hier einnehmend: Kreuzkarspitze links und der gezackte, lange Südgrat hinauf zur Noppenspitze rechts, der gleichzeitig ebenjene besagte Verbindung herstellt.

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    Geschafft - zumindest der erste Teil.

    Ende April auf dem Pfeiler. Ein kleineres, neues Kreuz ziert den so wenig besuchten Gipfel des Häselgehrberges, nachdem das alte, riesige von den Winterstürmen 2003/2004 zerlegt wurde.

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    Rotwand und Söllerköpfe.

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    Die noch tief verschneite Szenerie aus Noppenspitze, Sattelkar und anspruchsvoller Sattelkarspitze.

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    Links die Bretterspitze mit Westgrat (links) und Südostgrat (rechts), rechts die Urbeleskarspitze.

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    Der Beginn des Ostgrats.

    Direkt ab (vor) dem Gipfel wird es eine Zeit lang durchaus anspruchsvoll - nach ausgiebiger Pause und mit sporadischer Schneeauflage umso mehr. Dieser Abschnitt will mit Respekt und Erfahrung angegangen werden, denn wer hier rutscht, der ist so gut wie verloren. Sauberes und konzentriertes Antreten ist hier deshalb oberstes Gebot.
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    Der erste kleine Absatz.

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    Auf Messersschneide.

    Durchgehend ausgesetzt bewegt man sich über den schmalen Grat. Die wenigen Tritte in der steilen Nordflanke ins Haglertal sind meist schneebedeckt.

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    Ein weiterer, steiler Absatz.

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    Schlüsselpassage am Grat.

    Kleine Kraxelstellen (I+) erfordern den Einsatz der Hände in morschem, mitunter messerscharfem Gestein.

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    Rückblick auf die letzten Meter des Grats.

    Der schwierigste Teil des Ostgrats ist geschafft. Bald nach dem Felsteil kann man - weiterhin fordernd - durch die Verbauungen sehr steil absteigen. Wir folgen dem Ostgrat allerdings weiter, um herauszufinden, wo die beim Aufstieg "gesichtete Pfadspur" (Reste von ehemaligen Heuersteiglein sind möglicherweise noch auszumachen) anschließt bzw. ob eine Alternative am bewaldeten Rücken hinab nach Häselgehr existiert. Viel schwerer Schnee im oberen Bereich, dessen sorglose Begehung bei diesen Verhältnissen ungemein gefährliche Bodenlawinen geradezu provoziert, lässt uns aber bald doch pfadlos durch den Lawinenschutz zur Baustelle absteigen.
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    Durch die Lawinenverbauungen.
    Einige Höhenmeter pfadlos über glatt gekämmtes steiles Gras zur Baustelle, wo man auf den erdigen Pfad trifft.

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    Der Pfad von der Baustelle…

    ... ist die bequemste Möglichkeit den Ostgrat zu erreichen respektive abzusteigen. Er führt zur Baustelle in den Verbauungen, darf allerdings nur am Wochenende begangen werden, da unter der Woche gearbeitet (mitunter gesprengt) wird. Unbedingt auf die Beschilderung achten! So. Und da wären wir wieder beim Thema Rad, das jetzt eben absolut geil wäre - nur noch laufen lassen bis ins Tal. Oder aber, man macht`s wie unsere anfangs erwähnte nette Bekanntschaft aus Elbigenalp und bedient sich eines Quads ...
     
    Zuletzt bearbeitet: 29. Mai 2014
    Thom gefällt das.