Mittelschwere Bergtour Von Hinterstein auf Hengst (Vorgipfel) und Kleinen Daumen (2.197m)

Dieses Thema im Forum "Tourenbeschreibungen" wurde erstellt von Thom, 2. Juli 2010.

  1. Thom

    Thom Mitarbeiter Registrierter Benutzer Intern

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    Tour von Hinterstein mit herrlichem Alternativ-Anstieg über die Mösle- und die Nicken-Alpen zur Tür kurz oberhalb des Engratsgunder Sees. Gratüberschreitung des Hengstes sehr anspruchsvoll und teilweise heftig ausgesetzt. Ersteigung des Kleinen Daumens ohne nennenswerte Schwierigkeiten.

    Tour-Bewertung:

    [​IMG] Gehzeit: ca. 7,5 Std.
    [​IMG] Kondition
    [​IMG] ca. 1.400 Hm
    [​IMG] Schwierigkeit II (Stelle am Hengst)
    [​IMG] Aussicht
    [​IMG] Empfehlung

    [​IMG] Tourengänger: Thom

    Ursprünglich wollte ich an diesem Tag eigentlich auf die Laufbichlkirche steigen und, falls es Zeit und Witterung noch zulassen, die Hengstüberschreitung an diese Tour anhängen. Es kam aber völlig anders als geplant. Schon zu Tourenbeginn musste ich improvisieren. Nachdem der Bus in Hinterstein um 7.10 Uhr nicht eintraf (Grund war nicht ersichtlich), musste ich mich schnell umentscheiden, da ich nicht noch einen Stunde mit Warten vergeuden wollte. Ein kurzer Blick auf die Karte und meine Entscheidung stand fest - Alternativaufstieg über Mösle- und Nicken-Alpen hinauf zum "Türle", von dort auf den Hengst und danach weiter zur Laufbichlkirche. Gesagt, getan. Zugegeben ist dieser Aufstieg zum Türle konditionell anstregender als der Weg über das Giebelhaus und die Käser-Alpe, allerdings ist er um ein Vielfaches pittoresker und einsamer als der Touriweg südseitig des Hengstes. Man sollte sich auch von den Zeitangaben auf den Schildern nicht abschrecken lassen. Aus den einst 4,5 Stunden von Hinterstein zum Engratsgundersee werden bei moderatem Tempo leicht 3-3,5 Std. Nach Erreichen der "Tür" geht es Richtung Osten auf dem schon bald recht ausgesetzten und zusammengeschnürten Grat zum Hengstgipfel. Die AVF-Beschreibung halte ich für ungeeignet, bzw. hatte ich meine Probleme damit. Nachdem ich sowohl die Nordflanke als auch die Südflanke zu durchsteigen versucht habe, musste ich an diesem Tag die Segel streichen - Magenkrämpfe und Trittunsicherheiten zwangen mich zur Umkehr, was mir wirklich extrem schwer gefallen ist. Aber Sicherheit geht nun mal vor Bergsteiger-Ego. Nach dieser Negativerfahrung war natürlich die Besteigung der Laufbichlkirche in weite Ferne gerückt, und so entschied ich mich wenigstens noch dazu, einen "leichten" Gipfel mitzunehmen - den Kleinen Daumen...

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    Nach wenigen Minuten Fußweg hat man einen beeindruckenden Blick auf den Kleinen Daumen (rechts) und den zerissenen Gipfelgrat der Pfannenhölzer. Diese können auf wegloser und anspruchsvoller Route (II) komplett überschritten werden.

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    Hier die schön gelegene Mösle-Alpe mit Ponten und Zirleseck im Hintergrund.

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    Auf diesem idyllisch angelegten Weglein wandert man hoch über dem Hintersteiner Tal hinauf ins Kar zwischen Hengst und Pfannenhölzer. Auch von hier hat man teilweise eine geniale Aussicht auf die umliegenden Bergwelten.

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    Kurzzeitig gehts durch dichten Mischwald. Die Wegmarkierungen sind meist gut sichtbar, und so fällt die Orientierung nicht wirklich schwer.

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    Kleiner Ausschnitt aus dem riesigen "Alpengärtchen" hier oben. Flora und Fauna lassen hier selbst den gleichgültigsten Wanderer staunen. Ganz hinten rechts im Bild ist sogar schon der Hauptgipfel des Hengst zu erkennen, dessen Besteigung mir allerdings an diesem Tage leider verwehrt blieb.

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    Der wilde und zerklüftete Felsgrat der Pfannenhölzer sieht von hier unten recht unnahbar aus. Die Überschreitung ist anspruchsvoll und fordert neben gutem Orientierungssinn auch einiges an Kletterfertigkeiten in teils ausgesetztem Gelände.

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    Blick zurück in das soeben durchschrittene Kar zwischen Hengst und Pfannenhölzer.

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    Teilweise ist der Weg hinauf zum Türle etwas mühsam und fordert auch ein gewisses Maß an Kondition, allerdings genießt man hier oben ein mittlerweile viel zu selten gewordenes Bergsteigerprivileg - absolute Ruhe und Einsamkeit. Die abwechslungsreiche Landschaft trägt ihren Teil dazu bei, dass der mit viereinhalb Stunden angegebene Aufstieg von Hinterstein zum Engratsgunder See schneller als erwartet vorübergeht.

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    Blick hinauf zum Hauptgipfel des Hengstes (links), rechts davon einer von zahlreichen wild zerklüfteten Gratköpfen, die man umgehen muss.

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    Die letzten Meter hinauf zum Türle. Nach links zweigt hier der Grat zum Hengst ab. Nach rechts zieht eine Grasrippe hinauf in Richtung Kleiner Daumen und hinter der kleinen Einschartung in der Bildmitte liegt ca. 50 Hm tiefer der Engratsgunder See.

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    Hier der Blick auf das fast komplette Hengstmassiv. Die größten Schwierigkeiten stellt der zerklüftete Mittelteil dar, der meiner Meinung nach nicht direkt überschritten werden kann. Die AVF-Routenbeschreibung ist hierzu nur sehr vage und hat mir an diesem Tag rein gar nichts genützt.

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    Nach 2,75 Std. erreiche ich das "Türle", wo ich erst einmal ein kleine Rast einlege, um mich wieder ein bisschen zu erholen.

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    Vom Türle hat man eine ungewöhnliche Sicht auf den Großen Daumen, der von hier doch einen recht wilden und felsigen Eindruck vermittelt.

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    Einstieg auf den Grat in Richtung Hengst. Ein erster Felsaufschwung wird etwas rechts in der Südflanke umgangen (I). Auch hier ist das Gelände schon teilweise ordentlich ausgesetzt.

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    Direkt vor dem zweiten Aufschwung am Grat. Laut AVF-Beschreibung umgeht man diese mit etwas Höhenverlust linksseitig. Dies habe ich dann auch versucht...

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    ...und bin dann bis zu einer kleinen Einschartung zwischen Vorgipfel um Gratkopf vorgestoßen. Die Flanke ist recht steil und ausgesetzt, der Fels nicht gerade zuverlässig. Ein Weitergehen in der Flanke kam für mich an diesem Punkt nicht in Frage, das Gelände wird einfach zu steil und undurchsichtig. Ein Anstieg in das Schärtlein wäre vermutlich gegangen (vermutlich II), aber ich fühlte mich nicht wirklich wohl an diesem Tag und so bin ich umgedreht, um mir mal direkt die Gratüberschreitung anzusehen.

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    Ich bin die Flanke nicht ganz zurück gequert, sondern nach einigen Metern direkt sehr steil zum Grat über mir hochgeklettert. Ziel war diese kleine Lücke hier, durch die man einen schönen Blick auf die Laufbichlkirche hat. Von hier nach links direkt auf den teilweise sehr ausgesetzten Grat und hinauf auf den Vorgipfel. Von diesem in kurzer und spannender Kletterei (II) hinab in das schon vorher beschriebene Schärtlein. Hier ist eine weitere Überschreitung des Felsgrates kaum möglich, da die Felsen einem leicht überhängend entgegenkommen und ich dem Gestein nicht wirklich traute.

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    Also bin ich in die grasdurchsetzte und brüchige Südflanke mit einigem Höhenverlust ausgewichen. Hier ein Bild aus dieser Flanke. Nachdem ich ca. 30 Höhenmeter abgestiegen war und mich neben heftigen Magenschmerzen auch schon die ersten Oberschenkelkrämpfe plagten, blieb mir nichts anderes übrig, als an diesem Punkt etwas frustriert kehrt zu machen, was mich bis heute noch ärgert, denn es wäre hier sicher möglich gewesen, durch die Flanke zu queren und wieder zum Grat anzusteigen. Von dort wäre es nur ein Katzensprung auf den Hauptgipfel des Hengstes. Aber Sicherheit geht nun mal vor - Basta!

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    Blick vom Vorgipfel des Hengstes auf die herrliche Graskatherdrale der Laufbichlkirche. Leider musste ich auf Grund meiner körperlichen Defizite auch auf diesen Gipfel heute verzichten.

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    Nachdem ich mir eingestehen musste, dass ich heute nicht in der Lage war, meine so lange geplanten Gipfelziele zu erreichen, hab ich mich etwas deprimiert in Richtung Kleiner Daumen aufgemacht, da ich nicht ganz ohne Gipfelerfolg nach Hause kommen wollte. Auf den ersten 50 Metern begleitete mich ein Murmeltier, das wohl sämtliche Scheu hier vor dem Menschen verloren hat.

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    Blick hinauf zum nur wenig ausgeprägten Gipfel des Kleinen Daumen. Man kann entweder direkt über die Grasflanke auf seichtem Weglein aufsteigen oder wie in meinem Falle nach links in Richtung Großen Daumen ziehen.

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    Blick hinab zum schön gelegenen Engratsgunder See.

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    Kurze Kletterpassage (I) unterhalb der Scharte zwischen Großem und Kleinem Daumen.

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    Blick von der Scharte auf Engratsgunder See und Hengst.

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    Nochmals die Laufbichlkirche. Diese kann über den hier gut sichtbaren Westgrat (links) bestiegen werden oder noch etwas anspruchsvoller durch die üppig begrünte aber sehr steile Südflanke. Von der Scharte geht es nun über den teilweise versicherten Verbindungsgrat in Richtung Kleiner Daumen. Diese Gratüberschreitung ist einfach, aber doch spannend und teils ausgesetzt.

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    Am Gipfel des Kleinen Daumen. Die Temperatur ist mittlerweile deutlich unter 10 Grad gefallen, mein Magen unentwegt am Rebellieren, und so mach ich nur eine kurze Verschaufpause, bevor ich mich wieder an den Abstieg in Richtung Türle mache.

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    Blick vom Gipfel des Kleinen Daumen hinüber zum großen Bruder. In nur 50 Minuten könnte man diesen von hier ersteigen. Ich jedoch verzichte an diesem Tag auf die Besteigung.

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    Im Abstieg ein kurzer Rückblick auf den Grat zwischen Scharte und Kleinem Daumen, der immer oben an der Kante überschritten wird.

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    Nachdem ich den Engratsgundersee erreicht habe, steige ich weiter zwischen Hengst und Laufbichlkirche hinab in Richtung Giebelhaus. Von hier aus genießt man einen herrlichen Blick auf die schroffe Südflanke des Hengstes. Links der Vorgipfel, mittig der schwere Gratturm unter dem das Grasband zu sehen ist, auf dem ich abgestiegen bin, und rechts der fast trapezförmige Hauptgipfel.

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    Zur anderen Seite des Abstieges hat man einen herrlichen Blick auf die Nordflanke der Laufbichlkirche.

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    Die Käseralpe mit dem Giebel im Hintergrund.

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    Der auf der anderen Seite des Hintersteiner Tals gelegenene Sattelkopf (2.097m).

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    Kurz vor Erreichen des Giebelhauses hat man den beeindruckendsten Blick auf die Nordflanke des Giebels. Von hier geht es in wenigen Minuten zum Giebelhaus, wo mir doch tatsächlich der Bus wieder direkt vor der Nase davon fährt...

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    Also mache ich mich an den knapp 11 Kilometer langen Heimweg auf der Teerstraße Richtung Hinterstein.
    Nach so einer Tour schon ein rechte Qual, muss ich sagen, allerdings bin ich nach 1:45 Std. schon in Hinterstein und war nur gute 5 Minuten langsamer, als wenn ich auf den Bus gewartet hätte.
     
    Zuletzt von einem Moderator bearbeitet: 8. April 2014
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